Gottfried Helnwein Info

Presse und Medien

Communal – 18. Februar 1988

"Lulu", Hamburger Schauspielhaus, 1988

WAS ZU BEWISEN WAR

von Willhelm Pauli

Helnwein schockt Rühmkorf.
Helnwein, der Schöpfer der Ausstattung von Kresniks Macbeth (eine Ausstellung von ihm ist gegenwärtig in der Guinness-Galerie in der Friedrich-Ebert-Anlage zu sehen) hat auch das Plakat fuer Zadeks "Lulu" am Hamburger Schauspielhaus gefertigt.
Darüber hat sich Frau Eva Rühmkorf, Vorsitzende der "Leitstelle Gleichstellung der Frau" beim Hamburger Senat und bundesweit bekannt, empört.
Mit den klassischen Anwürfen "Eindeutig Frauendiskriminierend" und "Die Grenze der Kunst überschritten" fordert sie die Kassierung des Plakates.

Liest man das, und denkt an das Gespann Lulu-Zadek-Helnwein,
so könnte man sich schon ein Lustmonster vorstellen (das natürlich auch dann in die Öffentlichkeit gehörte).
Sieht man aber das Plakat und käme - bei dem Wedekindschen Thema - überhaupt auf die schwachsinnige Idee, irgendetwas "Diskriminierendes" herauszulfieseln, so könnte das auf dem Plakat allerhöchstens der dicke, hypnotisierte Lustgreis sein, der auf Lulus im Halbprofil gezeigtes Bärchen starrt, wie der Pfaffe auf die trinitatische Triangel.
Darauf, dass nach Frauenart sich ferner sogleich die Hälfte der Menschheit diskriminiert fühlen müsste, muss man durch allerlei Exerzitien erstmal kommen.
Was mag Eva Rühmkorf bloss meinen?

Zumal ja nicht der häufig inkriminierte Nuttenschenkel ins Spiel kommt,sondern eher ein biederer Haushaltsschenkel.
Meint sie, das der Bär der Frau per se diskriminiert, ist sie sich einig mit den Pfaffen des Mittelalters, dass da dem Weibe Minderwertiges zwischen den Beinen fältelt und spriesst, das man besser verhülle?

Ich schlage vor, dass die Bewegungsfrauen noch einmal versuchen mit ihren Höhlen, Sekreten und Drüsen ins Reine zu kommen, und bis auf weiteres die in Ruhe lassen, die sich damit lustvoll die Zeit vertreiben und auch die, die sich voyeuristisch und künstlerisch, geil und streitbar mit den Freuden und Leiden und Krämpfen der Lust und der Geschlechterränke auseinandersetzen.
Wie kommen wir denn dazu, uns von Rühmkorfs mit Reinigungszwang die Welt putzen zu lassen?
Und wenn eine wie Frau Rühmkorf diesen traurigen Zwangshandlungen des verspiesserten Mittelstandes unterliegt, wie mögen erst die unterbelichteten Sektiererinnen in der Kampagne den unausgemessenen Spielraum eines Emma-Gesetzes nutzen.

Lohmann sei wachsam!

Gottfried Helnwein, Peter Zadek, Lulu ,Wedekind, Hamburger Schauspielhaus
18.Feb.1988 Communal Willhelm Pauli