Presse und Medien
Westfählischer Anzeiger – 5. Mai 1988
Diskussion ueber NS - Kunst
Helnwein - NS-Kunst ihren Mythos nehmen
Den Bürgern mehr Urteilsvermögen zutrauen
Bonn (AP). In der von den Grünen neu entfachten Diskussion über den demokratischen Umgang mit der Kunst aus der NS -Zeit hat gestern der österreichische Maler Gottfried Helnwein dazu aufgefordert, dieser sogenannten NS- Kuns ihren Mythos zu nehmen, indem man sie nach über 40 Jahren auch öffentlich zeige.
Man solle dem einzelnen Bürger vertrauen,"dass er selber urteilen, selber reagieren kann, man solle nicht immer das Gefühl haben, man muss Vorzensur üben", erklärte, der zur Nachkriegsgeneration zählenden Künstler in einem am Mittwoch veröffentlichten Diskussionspapier der Grünen.
Die erst vor einiger Zeit von der amerikanischen Regierung an die Bundesrepublik Deutschland zurückgegebenen Gemälde und Zeichnungen aus der Zeit zwischen 1930 bis 1945 sollten nicht länger in den Depots der zuständigen Bundesministerien bleiben. Wenn diese Bilder der damaligen offiziellen NS- Kunst "jetzt in Depots sind. weil man Angst hat, diese Bilder herzuzeigen, dann ist das wieder falsch," weil man sie dämonisiere, künstlich aufwerte und schliesslich einen Mythos daraus mache.
"Diese Bilderfurcht gilt es zu überwinden", forderte Gottfried Helnwein. Wenn man die Bilder zeigen würde,dann erginge es ihnen nähmlich " wie den Vampiren, die an die Sonne kommen" , sie würden zu Staub zerfallen, weil die meisten dieser Bilder langweilig seien.
Die "brisanteren Bilder wie Portraits von Hitler, Hess, und Goebbels", hätten die Amerikaner ohnehin fuer sich behalten, erklärte Helnwein.