Presse und Medien
Communal – 18. Februar 1988
Peter Zadek, Lulu ,Wedekind, Hamburger Schauspielhaus
WAS ZU BEWEISEN WAR
Helnwein schockt Ruehmkorf
Sieht man aber das Plakat und käme - bei dem Wedekindschen Thema - überhaupt auf die schwachsinnige Idee, irgendetwas "Diskriminierendes" herauszulfieseln, so könnte das auf dem Plakat allerhöchstens der dicke, hypnotisierte Lustgreis sein, der auf Lulus im Halbprofil gezeigtes Bärchen starrt ..
Helnwein, der Schoepfer der Ausstattung von Kresniks Macbeth (eine Ausstellung von ihm ist gegenwaertig in der Guinness-Galerie in der Friedrich-Ebert-Anlage zu sehen) hat auch das Plakat fuer Zadeks "Lulu" am Hamburger Schauspielhaus gefertigt.
Darueber hat sich Frau Eva Ruehmkorf, Vorsitzende der "Leitstelle Gleichstellung der Frau" beim Hamburger Senat und bundesweit bekannt, empoert. Mit den klassischen Anwuerfen "Eindeutig Frauendiskriminierend" und "Die Grenze der Kunst ueberschritten fordert sie die Kassierung des Plakates.
Liest man das, und denkt an das Gespann Lulu-Zadek-Helnwein, so koennte man sich schon ein Lustmonster vorstellen (das natuerlich auch dann in die Oeffentlichkeit gehoerte). Sieht man aber das Plakat und kaeme - bei dem Wedekindschen Thema - ueberhaupt auf die schwachsinnige Idee, irgendetwas "Diskriminierendes" herauszulfieseln, so koennte das auf dem Plakat allerhoechstens der dicke, hypnotisierte Lustgreis sein, der auf Lulus im Halbprofil gezeigtes Bärchen starrt, wie der Pfaffe auf die trinitatische Triangel. Darauf, dass nach Frauenart sich ferner sogleich die Haelfte der Menschheit diskriminiert fuehlen muesste, muss man durch allerlei Exerzitien erdtmal kommen.
Was mag Eva Ruehmkorf bloss meinen? Zumal ja nicht der haeufig inkriminierte Nuttenschenkel ins Spiel kommt,sondern eher ein biederer Haushaltsschenkel. Meint sie, das der Bär der Frau per se diskriminiert, ist sie sich einig mit den Pfaffen des Mittelalters, dass da dem Weibe Minderwertiges zwischen den Beinen faeltelt und spriesst, das man besser verhuelle?
Ich schlage vor, dass die Bewegungsfrauen noch einmal versuchen mit ihren Hoehlen, Sekreten und Druesen ins Reine zu kommen, und bis auf weiteres die in Ruhe lassen, die sich damit lustvoll die Zeit vertreiben und auch die, die sich voteuristisch und kuenstlerisch, geil und streitbar mit den Freuden und Leiden und Kraempfen der Lust und der Geschlechterraenke auseinandersetzen.
Wie kommen wir denn dazu, uns von Ruehmkorfs mit Reinigungszwang die Welt putzen zu lassen?
Und wenn eine wie Frau Ruehmkorf diesen traurigen Zwangshandlungen des verspiesserten Mittelstandes unterliegt, wie moegen erst die unterbelichteten Sektiererinnen in der Kampagne den unausgemessenen Spielraum eines Emma-Gesetzes nutzen. Lohmann sei wachsam!