Gottfried Helnwein Info

Texte und Essays

HELNWEIN, Orac Pietsch – 30. November 1980

MONOGRAPH

H.C. ARTMANN

Einer erstellt die Summe seiner Beobachtungen in dieser Welt der Patzer und Dämonen. Er vernimmt die Schreie aus den gekachelten Schreckträumen abseits einer satten Gesellschaft, die weder mit dem Laub der Bäume noch mit dem Grün der Laubfrösche noch mit den Froschaugen des Miterlebens zu schaffen haben will. Er aber hört manche, die da schreien bis ihnen die Gehirne zerspringen wie Lichtjahre, und hört andere, still vor sich Hinweinende, deren tropfende Tränen eines noch-hoffens mit dem abscheulichen Eisskalpell der Hoffnungslosigkeit seziert werden.

Schreien - was ist menschlich daran? Was bleibt an ihm menschlich? Der Kopf ist noch nicht vom Rumpf geschnitten, liegt aber bereits auf dem glatten flachen Porzellan des behänden Chirurgen. Eine plastische Operation? Eine drastische Transplantation? A surgical trick? Or a trickster disguised as a surgeon? Wer viel fragt, endet langsam. Solange man nicht eines Lebewesens Schädel mit kalten Feuerzangen schlägt bis dieser die Anfangsgründe des Platzens erlernt, mag praktisch angewandte Humanität halten - vielleicht bis Mitte Winter. Nachdem die Schreie fertiggeschrieen sind, ringelt sich die tüllweiße Natter des Verbands um betroffene Glieder, eine gipsfarbene Hülle über einen Stadtplan voller Unfälle oder, kleiner noch, über die genauere Karte eines Viertels der Verletzungen, inneren, äußeren, über Adern, die sich zu schmerzblauen Seen ausweiten. Los Angeles, Manhattan oder das suburbe Wien durch ein klinisch einwandfreies Sieb auf die melancholischen Reste eines infantilen Nässer gerüttelt erscheinen am Horizont, ein fröstelnder Stich durch die männliche Psyche, ein fiebriger durch die weibliche. Oder ist es der Pistolenschuss durch ein blutgefülltes Reagenzglas, das man wieder hinzukriegen sucht mittels saftigem Leukoplast? Immer heißt es Recht haben und die Schatten des Unrechts verteidigen, Schatten, die wie Menetekel an knallharten Wänden sozialer Anstalten aufkommen, taugiftig, wundrosig, geschwollen, benarbt, auf Prothesen laufend, mit Armstümpfen flehend... Um diese Zeit klagen viele, es ist Februar. Inzwischen ist es Mai bis Juni geworden, eine schreckliche Gasse vorbei an schillernden Rissen und Rinnsalen verschiedener Abgänge, durch Seitenwege, die verstopften Stirnhöhlen oder Nasen ähnelten, durch die engen Kanäle blutverlassener Venen. Einer notiert den neurotischen Austritt durch das antiseptische Fenster des animalischen Ablebens - kein noch so sauberer Mantel, der das verdecken kann. der mond mondelt die sonn sohndelt die tochter töchtert ab opera ad acta Himmelfahrt, 1980 in der tuchent da ich unterm bette saz kam der has eliphas mit dem starken sinai excelsis leo bonjour theo wo is die cleo beim rodeo ich hab ne suppe gesehen die wad wunderscheen drin konnt man baden gehen vom kopf bis zu den zehn es gezimt sich nicht es gesalzt sich nicht es gemehlt sich nicht es gezuckert sich nicht es gerosint sich nicht es ist wie essig und öl wie ein salat ohne haar wie quark mit soße wie tunke ohne danke wie die stumme lanke sri lanca bianca ohne hemmert ohne hosen ohne janka taucht die ente taucht die hand barchatin ist baz astrologus die logische aster dereisenhans und die austernlilli nding phrastus dorant erster greis: ein videorecorder puppi sternenschnuppi bei wien elf zwelf zwölfaxing alzdann gemmers an! gemälde gehorsamst rosi tante rosi nichte petrus oleus soldaten wohnen auf zitronen nein redet die unke steh bei mir diana gottes motor für dich anna! Das Malheur, 1979 die tochter des hirten bekränzt sich mit myrten sie hat keine regel das weiß der flegel von sonne und wind empfängt sie ein kind sie legts in die wiege eine wiener kirche heißt maria vom siege nehmen sie sich ou la bataille celebre er rüsselt das chrysanthemum lich licher am lichsten er rüttelt das geranium sie auch Die Mulattin Erika in ihrem Haus, 1977 1. das lamm braucht keinen kamm warum weil sein fell sonst garstig wird herr hirt wer hat dich du schöne woll warum wohl aufgebaut so hoch dort oben tief im tal ein lied zur laute drei polizei vier fünnef alles tinnef Der warme Strahl, 1975 bats keep fireflies to light their houses stolpern sie nicht mister Homage a A. Rainer, 1975 witwen wespen waisen alle drei verweilen gern in frühlingsnacht laulich weht der wind heilste der welten da mußt es entgelten ja Das Brandopfer, 1976 die nichte des fürsten bekränzt sich mit würsten ein waldhorn im nu bespringt eine kuh et tu brute Ohne Titel, Ausschnitt, 1977 H.C. Artmann